Zur Wiederholung:
In den Ovarien sind die Vorläufer der Eizellen oder Oocyten, die Oogonien. In der ersten meiotischen Teilung wird der diploide oder doppelte auf den haploiden oder einfachen Chromosomensatz reduziert, weshalb die ganze Meiose auch Reduktionsteilung heißt.
Aber die Reduktion findet tatsächlich nur im ersten Teil der Meiose statt. Der diploide Satz hat 38 Chromosomen, 36 Autosomen (As) und die 2 Geschlechtschromosomen (XX), jedes Chromosom besteht aus zwei Chromatiden. Die beiden Tochterzellen aus der ersten meiotischen Teilung haben jeweils einen vollständigen haploiden Chromosomensatz (18As + X), aber jedes Chromosom besteht nach wie vor aus zwei Chromatiden.
Erst in der zweiten meiotischen Teilung werden die Chromatiden verteilt, ähnlich wie bei der Mitose. Das Ergebnis sind vier Teilungsprodukte mit gleicher Gen- aber eventuell unterschiedlicher Allelenausstattung. Jede der vier Zellen hat die gleiche Chance, sich zur Eizelle zu entwickeln.
Der Zufall allein entscheidet, welche tatsächlich zur Eizelle wird. Die restlichen drei Zellen werden zu Polkörpern und haben nicht unwichtige Aufgaben bei der Bildung des Follikels, in dem die Eizelle heranreift und bis zum Eisprung verbleibt. Und weil jedes der vier Teilungsprodukte die gleiche Chance zur Eizelle hat, müssen wir bei einer Analyse auch alle vier Möglichkeiten in Betracht ziehen.
Deshalb sind in der Schemazeichnung auch alle vier möglichen Eizellen aufgeführt, tatsächlich überlebt aus einer einzelnen Meiose natürlich nur eine als Eizelle. Bitte das nicht vergessen und nicht verwechseln.
Beim Kater verläuft die Meiose in Prinzip gleich, nur daß sich alle vier Teilungsprodukte zu Spermien entwickeln. Außerdem entstehen durch die Reduktion in der ersten meiotischen Teilung zwei unterschiedliche Typen von Spermien. Der Kater verfügt ja über zwei verschiedene Geschlechtschromosomen, nämlich ein X-Chromosom und ein y-Chromosom. Dementsprechend bekommt nach der ersten Teilung die eine Zelle das X-Chromosom und die andere das y-Chromosom, jeweils natürlich zusätzlich zum haploiden Autosomensatz. Nach der zweiten Teilung haben wir dann vier Teilungsprodukte und alle vier entwickeln sich zu Spermien. Dabei sind jeweils zwei Spermien identisch und werden weiblich bestimmend genannt, wenn sie das X-Chromosom haben und männlich bestimmend, wenn sie das y-Chromosom abbekommen haben.
Der entscheidende Unterschied zwischen der Meiose beim Kater und der bei der Katze liegt in den zeitlichen Abläufen. Beim Kater finden in den Hodengeweben dauernd Meiosen statt. Sie dauern nur wenige Stunden und die Entwicklung zu fertigen Spermien geht rasch voran. Sie werden eine gewisse Zeit gespeichert und wenn es nicht zum Deckakt kommt, dann werden sie wieder abgebaut und vom Körper aufgenommen, denn sie enthalten ja eine Menge wertvoller Substanzen, die der Körper wieder verwerten kann.
Die Spermien sind bei der Befruchtung der aktive Partner. Sie müssen nach der Ejakulation durch den Uterus zum Eileiter schwimmen und treffen erst dort auf die befruchtungsfähige Eizelle - ein gewaltiger Weg für so ein kleines Gebilde. Trägt ein Spermium irgendeine Störung, sei es ein Chromosom zuviel oder zuwenig, sei es eine ungünstige Allelenkombination, dann wird es sich erst gar nicht entwickeln oder es ist bewegungsunfähig oder sehr viel langsamer als die anderen Spermien. Daher liegt es fast nie am Kater, wenn es in der befruchteten Eizelle zu unkonventionellen Chromosomenkonstellationen kommt, weil in der Regel nur "normale" Spermien bis zur Eizelle vordringen.
Bei der Katze sieht die ganze Sache erheblich anders aus. Wir müssen drei verschiedene Zyklen unterscheiden:
1) der anovulatorische Zyklus dauert 14-28 Tage
2) der ovulatorische Zyklus dauert 14-16 Wochen, nämlich ca. 9 Wochen für die Trächtigkeit und ca. 6 Wochen für die Säugeperiode
3) der pseudogravide Zyklus mit 40-50 Tagen
Alle drei Zyklen beginnen gleich.
Einige oder einige zehn Oogonien beginnen mit der Meiose und der Follikelbildung. Nachdem sich die homologen Chromosomen in der Prophase-I vollständig gepaart haben, also Bivalente gebildet haben, ist erst einmal eine Pause, die Katze ist jetzt rollig. Wird sie nicht gedeckt (anovulatorischer Zyklus) werden innerhalb von 14-28 Tagen die in der Metaphase-I steckengebliebenen Oocyten abgebaut und resorbiert und das ganze Spiel beginnt von vorn.
Bleiben die Follikel erhalten, ist die Katze dauerrollig.
Platzen die Follikel ohne daß eine Deckung und nachfolgende Befruchtung stattgefunden hat, kommt es zur Scheinschwangerschaft (Pseudogravidität). Die Oocyten werden zwar resorbiert, die Hormone aus den geplatzten Follikeln täuschen jedoch eine Schwangerschaft vor.
Wird die Katze jedoch am 2.-5. Tag der Rolligkeit gedeckt, werden die Oocyten durch den Deckakt angeregt, mit Meiose weiterzumachen und sie innerhalb von 24 Stunden abzuschließen. Inzwischen hat sich auch der Follikel voll entwickelt, nicht zuletzt mit Hilfe der Polzellen. Jetzt und nach jedem weiteren Deckakt platzt ein Follikel und die Eizellen wandern zum Eileiter und werden dort von den Spermien befruchtet. Inzwischen haben die Follikelhormone den Körper auf die Schwangerschaft vorbereitet und dafür gesorgt, daß sich die befruchteten Eizellen in der Gebärmutter einnisten können (ovulatorischer Zyklus).
Zeit spielt hier die entscheidende Rolle.
Die Oocyten verharren ein bis mehrere Tage in der Prophase-I der Meiose, die Homologen sind vollständig zu Bivalenten gepaart. Es kann zu mehrfachen Überkreuzungen der vier beteiligten Chromatiden und zu dauerhaften Verklebungen kommen. In der folgen Anaphase-I können sich dann die homologen Chromosomen nicht oder nicht mehr sauber trennen (Nondisjunction) und es kommt zu Fehlverteilungen in den beiden entstehenden Tochterzellen.
Die zweite meiotische Teilung verläuft in den meisten Fällen normal, hier werden ja Chromatiden voneinander getrennt. Aber das nützt dann auch nichts mehr, die in der Anaphase-I begonnene Fehlverteilung bleibt auch den Teilungsprodukten der Anaphase-II erhalten. Ist ein Autosomenbivalent von einem Nondisjunction betroffen, geht entweder schon die Eizelle selbst oder dann die befruchtete Eizelle (Zygote) wegen der extrem unausgewogenen Gendosiswirkung zugrunde. Gerät die Genbalance nicht so stark aus dem Gleichgewicht, weil eines der kleineren Autosomenbivalente beteiligt ist, entwickelt sich oft noch ein Embryo, der dann aber in einem sehr frühen Stadium abgestoßen und resorbiert wird. Wir brauchen uns also mit derartigen Chromosomenstörungen oder -aberrationen nicht weiter aufzuhalten.
Ganz anders verhält es sich, wenn das X-Chromosomenbivalent ein Nondisjunction durchmacht. Hier kann die gestörte Gendosiswirkung durch Inaktivierung entsprechend der Lyon-Hypothese kompensiert werden. Dabei kann auch mehr als ein X-Chromosom inaktiviert werden und der Embryo entwickelt sich dann nahezu normal. Selbst Jungtiere erscheinen normal, erst später zeigen sich Störungen, weil die Inaktivierung der X-Chromosomen eben doch nicht ganz vollständig ist und weil ja das Erbmaterial trotzdem vorhanden ist und die Genbalance stört. Aber schauen wir uns erst einmal in Ruhe das nachfolgende Schema mit einem Nondisjunction der X-Chromosomen an und vergleichen es mit dem ersten Schema einer normalen Meiose.